Wenn sich das leise Summen der Insekten mit den hellen Kirchenglocken vermischt und ein betörender Duft von Honig und Kuchen in der Luft liegt: Die Bienen-Garten-Kirche in Roldisleben wird neuer Treffpunkt der Dorfgemeinde und Anziehungspunkt für Neugierige und Besucher*innen.
Schirmherrschaft über das Projekt hat die Biene übernommen. Das Insekt bietet den Vorteil, dass es als Motiv zum einen biblisch anschlussfähig ist, zum anderen steht es für eine ganz weltliche Metapher: Die Biene ist Teil eines komplexen, arbeitsteiligen Schwarms, der nur durch die gegenseitige Unterstützung und ein funktionierendes Miteinander die Eigenschaft erfüllt, den Erhalt des Bienenstocks zu sichern. Eine stabile Gemeinschaft hat das Potenzial, gemeinsame Ziele zu erreichen. Bietet man der Biene, wie hier in Roldisleben, einen geschützten Raum, schützt der Mensch sich selbst. Wer abseits wirtschaftlicher Interessen die wesentliche Bedeutung von Acker als Grundlage unserer Kultur begreift, lernt auch den Zusammenhalt auf dem Land wieder zu schätzen, der durch die Landflucht stark ins Wanken geriet.
Zentraler Ort ist die ca. 350 Jahre alte Kirche und ihr weitläufiger Garten, der im letzten Sommer in großer Mühe unter der Regie von Familie Bismarck mit biblischen Gewächsen bepflanzt wurde. Familie Bismarck spielt eine zentrale Rolle im Projekt. Sie verwahrt die Schlüssel der Kirche und zeigt mit ihrem unersetzlichen Engagement, wie wichtig ihr das soziale Netzwerk im Dorf ist. Hauptträgerin des Projekts ist die Evangelische Kirchengemeinde Rastenberg-Roldisleben, die sehr daran interessiert ist, ihr Gemeindeleben zu öffnen. Unter die Arme greift ihr ein Team aus mehr als 15 Personen. Menschen aus den verschiedensten Disziplinen stießen im Verlauf des Projektes dazu, unter anderem eine niederländische Holzkünstlerin, ein Professor aus Würzburg, eine Landschaftsplanerin aus Roldisleben und viele weitere Akteure aus dem Dorf.
Inzwischen ist die Transformation des Ortes nicht mehr zu übersehen. Seit dem Frühjahr 2018 empfängt die sogenannte „Bienenglocke“ die Besucher*innen im Garten der Kirche – es ist ein hölzerner, sich aus Waben aufbauender Pavillon, der als erlebnis- und museumspädagogischer Raum gedacht wurde. In seiner Form erinnert der Pavillon sowohl an einen Bienenkorb als auch an eine Glocke und spielt damit auf doppelte Weise auf seine sakrale Bedeutung an.
Wer in den Kirchenraum tritt, wird unweigerlich auf die Installation der Künstlerin Jeanette Zippel aufmerksam, die sie im März 2019 in das Innere der Kirche integrierte. Fünf bezaubernde Wachsobjekte hängen in verschiedenen Ebenen im Glockenturm, die die Künstlerin vollständig aus dem Naturstoff formte. Sie ähneln Weiselzellen, aus denen im realen Bienenstock die Königin schlüpft. Ihr Kunstwerk soll dem neuen Miteinander ein Zeichen setzen. Im April 2019 gab es eine Ausstellung zum Thema Bienen aus wissenschaftlicher Perspektive, gefördert im Rahmen des Programms „LandGut 2020“ der Evangelischen Kirche Deutschlands, die den Projektumfang passend ergänzte. Und auch die Rastenburger Finneck-Schule hat die Bienen-Garten-Kirche bereits in ihren Unterricht integriert.
Kirchgemeinde Roldisleben
(aktuell vakant)
Rainer Mietsch
Mietsch@cuadrilla.de
Vera Teunen und Hilbert Tjalkens (Gemeindemitglieder und Künstler*innen)
info@bloss-holz.de
chezweitz GmbH (begleitende Planung)
cuadrilla (begleitende Planung)
2023
Imkerin befüllt die Bienenskulpturen
Gemeinwohlschrank restaurieren
Überarbeitung des Dachgestühls der Kirche, Universitätskooperation
REVIEW 2022
26.11.2022 - Einweihung der Bienengartenkirche und Bienenskulpturen
Umsetzung der Bienenbeuten durch BlossHolz (Hilbert Tjalkens und Vera Teunen) - Aufstellung