Viele Jahrzehnte schon ist das Kirchenschiff der Martinskirche in Apolda geteilt. Eine Hälfte ist Kapelle, die andere ein lang vergessener, Patina-überzogener Saal, der bald wieder zum Leben erwacht.
Schon lange plagte die Kirchengemeinde der Gedanke über die Zukunft dieses weitgehend ungenutzten räumlichen Schatzes, als sie sich 2017 im Projekt „STADTLAND:Kirche“ mit einem Ideenvideo an die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und die Internationale Bauausstellung (IBA) Thüringen wandte. Ihre Vision: Mit Blick auf die besonderen gesellschaftlichen Herausforderungen, vor der die politische und die kirchliche Gemeinde in Apolda stehen, könnte im historischen Langschiff ein Ort geschaffen werden, der unter dem Motto des Miteinanders und der Nächstenliebe die alten Kirchenräume wieder näher an das öffentliche Leben bindet. Ziel war es, einen Treffpunkt zu etablieren, an dem Menschen unabhängig ihrer Herkunft und ihres Alters zusammenkommen, Zeit verbringen und miteinander sprechen können. Auch die Diakonie in Apolda, deren Gebäude in direkter Nachbarschaft zur Kirche liegt, zeigte sich begeistert von dem Gedanken. So wurde dem ursprünglichen Konzept ein Sozialkaufhaus im Inneren der Kirche hinzugefügt, das mit dem Neubau einer Pflegestation auf dem Areal der Diakonie verknüpft werden sollte. Unter der Regie von Pfarrer Robscheidt überzeugte die Kirchengemeinde mit ihrer Idee das Kuratorenboard des offenen Ideenaufrufs. 2018 wurde die Martinskirche als Modellvorhaben ausgerufen. Seitdem sind die EKM, die IBA Thüringen und die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Apolda Trägerinnen des Projekts, unterstützt von der Stadt Apolda.
Heute wird das Projekt architektonisch unabhängig von der Diakonie – als Nachbarin bleibt sie trotzdem perspektivisch im Fokus – aber dennoch mit ihr im Ensemble betrachtet. Die städtebauliche Neuordnung und Neugestaltung des Martinskirchplatzes bieten die Chance, mit der Trias aus Diakonie, Sozialkaufhaus und Martinskirche einen neuen und wichtigen Stadtbaustein für Apolda zu formen. Geschaffen wird ein sozio-kulturelles Zentrum mit dem allgemeinen Ziel, einen Ort der Begegnung zu schaffen, der den sakralen Charakter der Kirche nicht beeinträchtigt und Mehrfachnutzungen zulässt.
Einen großen Schritt hat das Projekt Ende 2020 gemacht. Das Leipziger Architekturbüro Atelier ST wurde einstimmig in einem Auswahlverfahren, initiiert von der EKM und der IBA Thüringen, als Partner gefunden. Die größte Aufgabe ist es nun, die zeitgenössische Idee des sozio-kulturellen Zentrums in das historische Kirchenschiff und den Freiraum zu überführen.
Die Jury überzeugte der Grundgedanke im Entwurf des Architektenduos: Der ursprüngliche Raum wird von den heute funktionslosen Emporen befreit, um in den leeren Raum ein schwebendes Objekt zu implantieren. Diese architektonische Figur nimmt alle Funktionen der Gemeinde auf, ist Büro und Sitzungsraum – und ganzjährig nutzbar.
Seit Dezember 2022 ist nun die grundsätzliche Zuteilung der Fördergelder durch das Landesverwaltungsamt bestätigt - ein besonderes Weihnachtsgeschenk für die Planungsgruppe! Endlich geht es weiter: Bewilligungsantrag, Ausschreiben der Bauarbeiten und hoffentlich bald: der Baustart!
Der Kirchraum hat großes Potenzial, zur Ikone der modernen Kirchennutzung zu werden, die ihren Raum nicht sofort beschreibt, sondern zukünftigen Ideen Platz zum Wachsen lässt.
In der Zwischenzeit, bis zur Vollendung der baulichen Maßnahmen, ist es wichtig und sinnvoll, die Programmbausteine Sozialkaufhaus und Begegnungsort schon improvisiert als Gartencafé oder Flohmarkt einzuführen, denn mit der Aufbruchsstimmung und der Öffnung steht und fällt die Initiative.
Ev. Kirchgemeinde Apolda
Pfarrer Thomas-Michael Robscheit
Thomas Henkel (Vorsitzender Finanzausschuss Kirchgemeinde)
thomas.henkel@diakonie-ap.de
Atelier ST (begleitende Planung)
Ulrike Rothe (IBA Projektleiterin)
ulrike.rothe@iba-thüringen
2023
Bewilligungsantrag vorlegen
Ausschrieb der Arbeiten am Bau
Entwicklung einer Nutzer- und Trägerschaft für das Soziokulturelle Zentrum, insb. im Bereich der neuen Plaza im Hauptschiff, evtl. Pop-Up-Aktion mit Partizipationsprozess
Beginn des Baumaßnahmen