1. Der Strukturwandel der Kirche in Deutschland hat im Hinblick auf seine Mitglieder eine quantitative und eine qualitative Seite. Quantitativ muss der Bestand an Gebäuden an die schrumpfenden Finanzen und Mitgliedszahlen angepasst werden. Qualitativ werden Kirchen immer wichtiger. Denn die Art und Weise, wie der christliche Glaube gelebt wird, ändert sich. Aus einer Klammer, die das ganze Leben umfasst und die ihre Kraft jeden Sonntag im Gottesdienst erneuert, wird ein Glaube von Zeit zu Zeit (Kristian Fechtner). In einer solch situativ gelebten Kirche werden aber die Gebäude zu einer entscheidenden Konstante. Blickt man daher auf die Mitgliedszahlen, gibt es zu viele Kirchen, blickt man auf die einzelnen Mitglieder, ist keine Kirche zu viel. Diese Spannung muss klug gestaltet werden.
2. Auch die Öffentlichkeit entwickelt ein gesteigertes Interesse an Kirchen und zwar nicht nur an den großen Zentrumskirchen mit einem Millionenpublikum an Besuchern, sondern auch den Dorfkirchen, wie das Beispiel der Modellprojekte in Thüringen zeigt. Der gemeinsame Nenner von christlicher Gemeinde und Zivilgesellschaft ist das Bedürfnis, das eigene Dasein zu weiten und Traditionen auch immer wieder zu überschreiten, die dem Leben Halt und Struktur geben. Dieses Bedürfnis nach Transzendenz kann sich in einer Kirche religiös, ästhetisch und sozial äußern.
3. Wo sich die religiöse und ästhetische Dimension überlagern, entstehen in Kirchen hybride Räume der Transzendenz. In den großen Zentrumskirchen ist das schon lange so. Dort überlagert sich die ästhetische Daseinsweitung, die Ausstattung, Geschichte, Atmosphäre der Kirche mit den Gottesdiensten und Messen, die in den Kirchen gefeiert werden. In einigen der Modellkirchen in Thüringen kommt die soziale Dimension der Daseinsweitung hinzu. Wo sich Kirchen mit verschiedenen Formen der Daseinsweitung überlagern, entstehen hybride Räume der Transzendenz. Wo das der Fall ist, verbindet und verbündet sich die Öffentlichkeit und die Kirche in dem gemeinsamen Ziel, in der Gesellschaft Orte zu kultivieren, an denen der Anschein aufbricht, die Dinge und Verhältnisse seien eben wie sie sind und würden auch immer so bleiben.
4. Die christlichen Kirchen werden die Gestaltungsaufgabe, die sich ihnen und der Gesellschaft mit ihren Kirchengebäuden stellt, nur auf differenzierte Weise bewältigen. Sie werden bestehende Kirchen erhalten und sanieren, manchmal auch neue Kirchen bauen. Aber aufs Ganze gesehen, wird die Aufgabe nicht zu lösen sein, wenn nicht auch der Typus Kirche neu entwickelt wird. Eine Form der Fortentwicklung sind die Kirchen als hybride Räume der Transzendenz, wo sich die religiöse, ästhetische und soziale Dimension der Daseinsweitung verbindet. Dieser neue Typus Kirche entsteht in schöpferischen Prozessen, die alle Beteiligten – Gemeinde, Zivilgesellschaft und Denkmalpflege – einbezieht und zwar so, dass das Ziel nicht schon festgelegt ist, sondern sich im gemeinsamen Suchen erst entwickelt.
- Prof. Dr. Thomas Erne
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Wie sieht er aus, der neue Typus Kirche? Wir wissen es auch noch nicht. Aber das Thema schlägt bereits breite Wellen. Mehr rund um das Thema findet ihr auch auf unter Aktuelles– eine bunte Collage aus Neuigkeiten, Literaturtipps und Raum für einen offenen Diskurs.